
GreenTech –
zwischen gesellschaftlicher Spaltung und historischer Chance
Die deutsche Volkswirtschaft wuchs seit 1950 jedes Jahr um ca. 3,1%. Wir gehören zu den wohlhabendsten Ländern dieser Erde. Unsere industrielle Kompetenz wird global geschätzt. Ja, mögen wir uns selbst doch manchmal als “Exportweltmeister” beweihräuchern. Warum sollten wir uns also Sorgen machen? Warum sollten wir uns um unseren Wohlstand sorgen? Warum beunruhigt uns die letzte Generation? Warum verspüren wir so eine volkswirtschaftliche Rastlosigkeit? Dieser Frage gehen wir in diesem Report nach. Im besten Fall gelingt es uns, Ihnen neue Denkanstöße zu geben, Bestehendes zu hinterfragen und ja, vielleicht auch an der ein oder anderen Stelle wohlwollend zu provozieren.
Bevor wir einen Ausblick in die Zukunft wagen, möchten wir reflektieren. Deutschland hat in den vergangenen Jahrzehnten einen beispielhaften Aufstieg als Industrienation erlebt. Noch heute zehren von dem Wirtschaftswunder, das in den “goldenen 50er Jahren” entstanden ist. Durch eine politische Renaissance, der sozialen Marktwirtschaft und einer geeinten gesellschaftlichen Leistungsbereitschaft sind Weltmarken und Hidden Champions erwachsen, die noch heute allgegenwärtig sind. Schreiten wir den Zeitstrahl weiter ab, so hat die fortschreitende Öffnung der Welt und der damit verbundene, offene Welthandel weiter beflügelt. Das Bundeszentrum für politische Bildung stellte fest, dass seit 1952 jedes Jahr mehr Güter exportiert als importiert wurden. Obwohl Deutschland nur 1,1% der Weltbevölkerung ausmacht, liegt der Anteil an den global getätigten Warenexporten bei überdurchschnittlichen 7,3%. “Made in Germany” war geboren und ist bis heute unser Wohlstandstreiber. Und nicht nur das: Am 1.4.1972 entstand in Weinheim das Unternehmen “Systemanalyse Programmentwicklung“ — oder kurz SAP. SAP steht beispielhaft für die technologische Entwicklung und dem Aufkommen von ERP-Systemen beschritten wir den nächsten Schritt volkswirtschaftlichen Wachstums. Prozesse konnten in einem nie dagewesenen Maße systematisiert werden. Die Grenzen der Effizienz wurden verschoben. Der deutsche Mittelstand wurde ein globales Phänomen. Uns geht es gut. Oder?
Bereits im Jahr 1740 hat David Hume erstmals das sog. “Induktionsproblem” aufgeworfen. Es beschreibt die logische Verzerrung, dass wir Menschen dazu neigen, aus der Vergangenheit auf die Zukunft zu schließen. Wenn etwas gestern so war, dann wird es doch schließlich auch morgen so sein. Oder andersherum: Nur weil etwas gestern so war, muss es nicht zwangsläufig morgen so sein. Beziehen wir diese Logik einmal auf den Status Quo der deutschen Industrielandschaft. Können wir annehmen, dass die Faktoren, die uns in der Vergangenheit erfolgreich gemacht haben, auch die künftigen Erfolgsfaktoren sind?
Faktor eins: Der Freihandel.
Nur wenige Nationen haben in dem Maße von der Öffnung der Welt profitieren können, wie Deutschland. Das statistische Bundesamt schreibt, dass jeder vierte Arbeitsplatz in Deutschland vom Export abhinge. Das Institut für Mittelstandsforschung in Bonn hat eine Exporteurquote von sagenhaften 77,7% ermittelt. Denkt man nun den global protektionistischen Kurs, den u.a. Joe Biden mit dem “Inflation Reduction Act” eingeleitet hat, weiter, so ist zu hinterfragen, inwiefern das Wachstum des Welthandels in diesem Maße in den nächsten Jahren weiter steigt.
Faktor zwei: Verfügbare Arbeitskraft.
Durch die Erwerbstätigkeit der sog. geburtenstarken Jahrgänge, haben wir in den letzten Jahrzehnten ausreichend verfügbare menschliche Arbeitskraft gehabt. Doch auch dies kehrt sich um. Laut statistischem Bundesamt werden bis 2036 30% der zur Verfügung stehenden Erwerbspersonen in Rente gehen. Wenn wir bereits heute von Fachkräftemangel sprechen, müssen wir uns für den vor uns stehenden Zustand definitiv neue, drastischere Begrifflichkeiten überlegen.
Faktor drei: Niedrige Energiepreise.
Mitunter die wichtigste Währung eines Industriestandortes sind niedrige Energiepreise. Eine Schilderung dieses Umstands ist an dieser Stelle obsolet, werden wir doch medial täglich mit diesem konfrontiert. Addieren wir zu diesen Faktoren die finanzielle Instabilität (historisch hohe Inflation, hohe Zinsen, die Zahlungsunfähigkeit Amerikas etc.), so zeichnet sich ein Bild voll düsterer Melancholie. War früher doch alles besser? Fest steht: Deutschland und Europa verlieren systematisch und in einer hohen Geschwindigkeit an globaler Wettbewerbsfähigkeit.
Doch wäre es fatal, das Augenmerk lediglich auf die Gefahren zu richten. Trotz all dieser, gibt es Grund zur Hoffnung. Denn: Die deutsche Industrie ist perfekt positioniert, um Weltmarktführer in einer der Zukunftsindustrien überhaupt zu werden: GreenTech.
Entgegen der öffentlichen Meinung, ist GreenTech nicht nur ein Kosten- sondern vorallem ein Wachstumstreiber für den deutschen Industriestandort. Hierzu nur drei kurze Fakten:
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Der globale GreenTech Markt wächst jährlich knapp zweistellig, während bspw. der Maschinenbau rückläufig ist.
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15% des deutschen BIPs resultieren bereits heute aus den Erträgen nachhaltiger Technologien
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Deutschlands Anteil am GreenTech-Weltmarkt beträgt ca. 14% (Stand 2021) – zum Vergleich: Unser Anteil am globalen BIP beträgt ansonsten 2%. Heißt: Wir sind im GreenTech-Segment bereits heute global außerordentlich relevant.
Die Zahlen entstammen einer Studie von Roland Berger für die Bundesregierung.
Denkt man an den Begriff GreenTech, denkt man in der Regel an PV, E‑Mobilität, Windanlagen oder die Wärmepumpe. Doch beschreibt dies nur einen Teil des Spektrums nachhaltiger Lösungen und Technologien. In unserem Fall ist ein GreenTech Unternehmen definiert als Unternehmen, dass folgende vier Bedingungen erfüllt:
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Ressourceneffizienz und Dekarbonisierung ist Teil der Strategie
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Der positive Impact skaliert mit dem Profit
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Der positive Impact kann wissenschaftlich belegt werden
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Kein Greenwashing
Wir möchten diesen Beitrag abschließen mit einem Zitat: Die erste Generation verdient das Geld, die zweite verwaltet das Vermögen, die dritte studiert Kunstgeschichte und die vierte verkommt vollends?
Es stammt von Otto von Bismarck und ist bereits ein paar Tage alt. Es regt zum Nachdenken an. Besonders dann, wenn im Falle der deutschen Wirtschaftsgeschichte die Nachkriegsgeneration die „erste Generation“ war.
Womöglich dürfen wir uns eine Frage stellen: Vielleicht braucht es nicht nur eine letzte Generation. Sondern eine neue Erste Generation.

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Louis Schulze
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