Neues Forum „Real World AI“: KI in der realen Welt

Der glob­ale Think Tank Diplo­mat­ic Coun­cil (DC) hat ein neues Forum „Real World AI“ (RWAI) ins Leben gerufen. Im Fokus ste­ht der Ein­satz von Kün­stlich­er Intel­li­genz in physis­chen Sys­te­men und Umge­bun­gen wie beispiel­sweise Robot­ern, autonomen Fahrzeu­gen, Drohnen, Pro­duk­tions­be­trieben, Gebäu­den oder ganzen Städten (Smart City). Gele­gentlich wird auch der Begriff „Phys­i­cal AI“ benutzt, etwa von Jensen Huang, dem CEO von Nvidia. Das Diplo­mat­ic Coun­cil gehört zum eng­sten Beraterkreis der Vere­in­ten Natio­nen (UN Con­sul­ta­tive Status). 

Die Führung des neuen Forums teilen sich die bei­den Unternehmer Dr. Daniel Trauth von der Köl­ner Fir­ma data­Mat­ters und Har­ald Müller von der Bon­ner Wirtschafts-Akademie (BWA) als Co-Chairs. Aus­drück­lich geht es nicht um KI-Forschung, son­dern um die Anwen­dung der KI außer­halb von Com­puterumge­bun­gen und um die Auswirkun­gen auf Wirtschaft, Gesellschaft und Politik.

„Wir holen die KI aus den Computern“

„Wir holen die KI aus den Com­put­ern“, bringt Dr. Daniel Trauth den Fokus des neuen Forums auf den Punkt. Er nen­nt Smart Fac­to­ries, Smart Build­ings und Smart Cities als Beispiele für den großflächi­gen KI-Ein­satz in der realen Welt. Einen Schlüs­sel zur „Smar­tisierung der Welt“ stellt die Sen­sortech­nik dar: „Wir wer­den kün­ftig über­all um uns herum Sen­soren haben, die Dat­en sam­meln und an KI-Zen­tralen zur Auswer­tung schick­en. Sen­soren stellen das Bindeglied zwis­chen der Umge­bung und der KI dar.“ Neben der Erfas­sung und Auswer­tung stellt das Agieren der KI in der realen Welt etwa in Form von selb­st­fahren­den Autos, autonomen Drohnen oder KI-Robot­ern einen Schw­er­punkt des neuen Forums dar.

Har­ald Müller hebt auf die Fol­gen dieser Entwick­lun­gen ab: „Wenn Kün­stliche Intel­li­genz etwa in Form humanoi­der KI-Robot­er auf immer mehr Gebi­eten men­schliche Tätigkeit­en übern­immt, wird das nicht ohne gravierende Fol­gen für unsere Gesellschaft bleiben.“ Er begrün­det: „Ein­er­seits wer­den Robot­er, die sozusagen denken und auch anpack­en kön­nen, drin­gend als Antwort auf den Fachkräfte­man­gel benötigt. Ander­er­seits wer­den diese Humanoiden möglicher­weise schneller in unseren Arbeit­sall­t­ag vor­drin­gen, als der demografis­che Fak­tor die Gen­er­a­tion der Baby­boomer in Rente schickt. Das wirft unter anderem die Frage nach der Finanzierung unser­er Sozial­sys­teme auf, die bis­lang von der durch men­schliche Arbeit­skraft geschaf­fe­nen Wertschöp­fung getra­gen wer­den. Hinzu kom­men etliche ethis­che Fragestel­lun­gen, auf die unsere Gesellschaft und damit die Poli­tik Antworten find­en muss.“

KI-Kreislauf: Sensoren, KI, Roboter

Dr. Daniel Trauth und Har­ald Müller skizzieren den Ein­satz von Kün­stlich­er Intel­li­genz in der realen Welt als einen KI-Kreis­lauf. Kam­eras und weit­ere Sen­soren (Messsys­teme für Tem­per­atur, Luft­feuchtigkeit, CO2-Belas­tung, Fein­staub, Laut­stärke etc.) erfassen die Sit­u­a­tion etwa in ein­er Fer­ti­gung­shalle, in einem Büro­ge­bäude oder auf den Straßen ein­er Kom­mune so umfassend wie möglich und über­mit­teln diese per Funk in Rechen­zen­tren, wo sie mit­telst KI-Sys­te­men aus­gew­ertet wer­den. Auf Grund­lage der dadurch gewonnenen Erken­nt­nisse tre­f­fen Men­schen fundierte Entschei­dun­gen, und soweit sin­nvoll wer­den Robot­er in der realen Welt tätig, um aufge­tretene Prob­leme zu beheben. 

„Die durch eine per­ma­nente Tem­per­aturüberwachung erkan­nten Hitze-Hotspots in ein­er Kom­mune kön­nen durch geeignete Ver­schat­tungs­maß­nah­men entschärft wer­den“, nen­nt Dr. Daniel Trauth ein Beispiel für ein konkretes Pro­jekt, an dem er in ein­er Stadt in Deutsch­land beteiligt ist. „An erkan­nten Krim­i­nal­itäts-Hotspots kön­nen Überwachungs­drohnen und Polizeiro­bot­er für mehr Sicher­heit sor­gen“, weist Har­ald Müller auf ein Ein­satzfeld hin, das in Asien bere­its Real­ität ist. 

Dr. Daniel Trauth gibt ein Beispiel aus der Pro­duk­tion: Er ist gemein­sam mit der Fraun­hofer-Gesellschaft in einem Pro­jekt zur KI-Qual­ität­skon­trolle bei der soge­nan­nten Zerspanung engagiert. Die Zerspanung, bei dem Werk­stoff durch Drehen, Bohren, Fräsen oder Schleifen in die gewün­schte Form und Größe gebracht wird, bildet in vie­len Indus­triezweigen eine wesentliche Grund­lage der Fer­ti­gung­stech­nik, von der Auto­mo­bil­pro­duk­tion bis zur Her­stel­lung medi­zinis­ch­er Instru­mente. Fehler im Zerspanung­sprozess kön­nen schw­er­wiegende Fol­gen haben, die von Pro­duk­taus­fällen bis hin zu Sicher­heit­sprob­le­men reichen. „Durch eine KI-Kam­er­akon­trolle lassen sich die Prüfzeit­en und der Koste­naufwand für die Qual­itätssicherung erhe­blich reduzieren und die Genauigkeit der Qual­itäts­be­w­er­tung deut­lich verbessern“, erk­lärt Dr. Daniel Trauth den Nutzen von „Real World AI“ anhand dieses Anwendungsbeispiels.

Har­ald Müller geht von ein­er starken Zunahme von KI-Robot­ern in der Fer­ti­gung in den näch­sten Jahren aus. Laut Stu­di­en kön­nten humanoide Robot­er bis 2030 mehr als 50 Prozent der manuellen Tätigkeit­en in der Fer­ti­gung übernehmen. Ins­beson­dere in Bere­ichen wie Logis­tik, Mon­tage und Mate­ri­al­han­dling biete sich der zügige Ein­satz an. Nach Ein­schätzung des BWA-Chefs wird es kün­ftig immer mehr Fer­ti­gungs­bere­iche geben, zu denen Men­schen während des laufend­en Betriebs über­haupt keine Zugangs­berech­ti­gung mehr erhal­ten. Der Grund: Wenn in ein­er Fer­ti­gung­shalle auss­chließlich Robot­er am Werk sind, kön­nen diese zwei- bis fünf­mal schneller arbeit­en als es aus Sicher­heits­grün­den bei Men­schen im Raum geboten und erlaubt ist. Der Anteil „men­schen­freier Zonen“ kön­nte in den näch­sten fünf Jahren auf bis zu 50 Prozent der Fer­ti­gungs­fläche ansteigen, blickt Har­ald Müller in die Zukun­ft. Er gibt zu bedenken: „Wenn die Hälfte der Pro­duk­tion mit dop­pel­ter oder gar vier­fach­er Geschwindigkeit läuft, befind­en wir uns in ein­er völ­lig verän­derten indus­triellen Arbeitswelt.“

v.l.n.r.: Dr. Daniel Trauth von der Köl­ner Fir­ma data­Mat­ters und Har­ald Müller von der Bon­ner Wirtschafts-Akademie (BWA) / Quelle: Diplo­mat­ic Council

AIoT: KI und das Internet der Dinge kommen zusammen

Als Alter­na­tive zum Begriff „Real-World AI“ wird auch der Aus­druck „AIoT“ als Wort­spiel aus „AI“ und „IoT“ (Inter­net of Things) ver­wen­det. Das soge­nan­nte „Inter­net der Dinge“ bedeutet, dass immer mehr Gegen­stände in der realen Welt „smart“ gemacht wer­den, also über eine Funkan­bindung eine Verbindung mit dem Inter­net her­stellen kön­nen. Exem­plar­isch dafür ste­hen die AirTag genan­nten „Dinge-Find­er“ von Apple. An einem Gegen­stand befes­tigt sind sie per­ma­nent auf der Suche nach ein­er Blue­tooth-Verbindung mit einem iPhone, um ihren bzw. den Stan­dort der jew­eili­gen Sache (Akten- oder Hand­tasche, Ruck­sack, Fahrrad etc.) über das weltweite Apple-Net­zw­erk zu über­mit­teln und damit den Gegen­stand leicht wieder­auffind­bar zu machen. Schätzun­gen gehen von rund 40 Mil­liar­den ver­net­zten IoT-Geräten weltweit aus.

Für den Ein­satz in Smart Cities bietet sich statt Blue­tooth die Nutzung des Funk­stan­dards LoRaWAN (Long Range Wide Area Net­works) an, um Dat­en von den Sen­soren zu einem städtis­chen Daten­raum zwecks Auswer­tung zu über­tra­gen. Die Datenüber­mit­tlung über LoRaWAN benötigt so wenig Energie, dass die Sen­soren viele Jahre lang ohne Ein­griffe funk­tion­ieren, bevor sie aus­ge­tauscht wer­den. Dr. Daniel Trauth: „LoRaWAN-Net­zw­erke bilden ein sicheres und kostengün­stiges Rück­grat für Smart Cities.“

Dr.-Ing. Dipl.-Wirt. Ing. Daniel Trauth hat data­Mat­ters aus der RWTH Aachen aus­gegründet und zu einem inter­nationalen Play­er an der Schnitt­stelle zwis­chen Real­wirtschaft und KI geführt. Er wurde hier­für mit über 20 Ehrun­gen (RWTH Spin-off Award 2019, dig­i­tal­Pi­oneer 2020 u.v.a.m.) aus­gezeichnet und als Exec­u­tive Chair in das Diplo­mat­ic Coun­cil aufgenommen.

Har­ald Müller hat die BWA vor über 25 Jahren als Spezial­ist für Per­son­alen­twick­lung, Out­placement, Per­son­al­ber­atung und Train­ing sowie für Arbeits­mark­t­pro­gramme wie Beschäftigten­transfers gegrün­det. Bei der Bewäl­ti­gung der Fol­gen struk­tureller Verän­derun­gen agiert die BWA als neu­traler Ver­mit­tler zwis­chen Arbeit­ge­bern und Gew­erkschaften zum Vorteil der Arbeit­nehmer. Mit Hil­fe der BWA haben mehr als zehn­tausend Arbeit­nehmer eine neue beru­fliche Zukun­ft gefun­den. Har­ald Müller ist nicht nur als Exec­u­tive Chair im Diplo­mat­ic Coun­cil aktiv, son­dern auch Beiratsmit­glied der Stiftung „Bil­dung und Beschäf­ti­gung“, die sich für die sozial­verträgliche Bewäl­ti­gung des wirtschaftlichen Struk­tur­wan­dels einsetzt.

Das Diplo­mat­ic Coun­cil verbindet einen glob­alen Think Tank, ein weltweites Busi­ness-Net­zw­erk und eine Char­i­ty Foun­da­tion in ein­er einzi­gar­ti­gen Organ­i­sa­tion mit Berater­sta­tus bei den Vere­in­ten Natio­nen. Die Mit­glieder ver­bindet die feste Überzeu­gung, dass eine flo­ri­erende Wirtschaft ein wesentlich­es Fun­da­ment für Wohl­stand und Frieden darstellt. Zum Mit­gliederkreis gehören Diplo­mat­en und Per­sön­lichkeit­en aus Wirtschaft und Gesellschaft.

Weit­ere Infor­ma­tio­nen:
www.diplomatic-council.org/de/ki-in-der-realen-welt