
Entwaldungsfreie Lieferkette
EUDR jetzt (technisch) vorbereiten
Ob verschoben, ob korrigiert: die EU-Verordnung für die entwaldungsfreie Lieferkette (EUDR) kommt. Die Möbelbranche entwickelt eine gemeinsame digitale Branchenlösung. In einem Gastbeitrag für MÖBELMARKT erklären Dr. Olaf Plümer vom Daten Competence Center und Heiner Strack vom Verband der Deutschen Möbelindustrie die nächsten Schritte.
Das medienwirksam vielfach zitierte „Bürokratiemonster“ EUDR verlangt allen Beteiligten viel ab – jetzt in der Vorbereitungsphase, später bei der Umsetzung und schließlich bei der Kontrolle. Zu befürchten steht, dass insbesondere die Prüfung und mögliche Sanktionierung von Verstößen weitere Aufwände verursachen.
Dessen ungeachtet wird die bereits am 29. Juni 2023 in Kraft getretene EU-Verordnung für entwaldungsfreie Produkte EUDR das Tagesgeschäft unserer Branche nicht nur kurz‑, sondern auch langfristig prägen. Damit gibt es für alle Beteiligten nur eine Konsequenz: Rechtzeitig vorbereitet zu sein, rechtzeitig die technischen Grundlagen zu erarbeiten und dies mit Blick auf eine gemeinsame, unternehmensübergreifende Lösung.
Denn individuelle Lösungen einzelner, gerade mittelständischer Unternehmen überfordern diese definitiv. Vorhandene statische Stammdaten sind mit Blick auf die EUDR nicht ausreichend, da die dafür zu erfassenden Informationen variabel sind und erst am Ende der Produktion erfasst werden können. Obwohl auch wir in den „EUDR-Kinderschuhen“ stecken, sind die seit einiger Zeit eng in das Thema eingebundenen Interessensvertretungen – wie der VDM und das Daten Competence Center mit seinem Arbeitskreis EDI – bei der datentechnischen Vorbereitung zur Umsetzung von EUDR auf einem guten Weg.
Angesichts der seitens der EU-Kommission aktuell noch ungelösten Fragestellungen zur Implementierung und der noch nicht zur Verfügung stehenden funktionalen IT-Systeme haben die EU-Kommission und danach der EU-Rat eine einjährige Verschiebung der Deadline zur Umsetzung von EUDR auf den 30.12.2025 empfohlen, was noch vom EU-Parlament genehmigt werden muss. Darüber hinaus gibt es auch auf internationaler Ebene von der Kommission noch zu lösende Themen. So haben mehrere Staaten Südamerikas die EUDR auf die Tagesordnung der Welthandelsorganisation WTO gesetzt und sprechen vom „Strafcharakter“ dieser Verordnung. Doch bleiben wir in Deutschland und schauen uns die aktuelle Faktenlage an.
Praxisnahes Lösungskonzept
Die Verfasser haben in enger Zusammenarbeit mit der Leiterin Standardisierung beim DCC, Frau Anika Degenhard, und Integrated Worlds (Holzgerlingen) unter Leitung von Dietmar Weber entscheidende Vorbereitungsarbeiten geleistet. Eng involviert war zudem Jan Kurth, Hauptgeschäftsführer des Verbands der Deutschen Möbelindustrie (VDM), der innerhalb seines Verantwortungsbereichs in der Branche sowie im europäischen Dachverband EFIC unterstützend agiert. In diesem Netzwerk haben wir auf EDI-Basis ein praxisnahes und in unseren Unternehmen umsetzbares Lösungskonzept erarbeitet, mit dem der Datenbereitstellungsprozess und der Datentransfer der zur Erfüllung der EUDR-Pflichten erforderlichen Daten gewährleistet wird.
Dieses Konzept bietet die Möglichkeit einer standardisierten prozessualen und datentechnischen Abwicklung von Aufträgen mit EUDR relevanten Erzeugnissen entlang der kompletten Lieferkette von Zulieferunternehmen über die Unternehmen der Möbelindustrie bis zum Möbelhandel.

Auszug aus dem nun beschlossenen Umsetzungsvorschlag der Möbelverbände „EDI als Informationsbereitsteller“ zu EUDR.
Bild: Integrated Worlds GmbH
Standardisierte Daten
Damit wird eine standardisierte Bereitstellung der Daten beim jeweilig in der Lieferkette nachfolgenden Unternehmen ermöglicht, welches mit diesen Daten die auf seiner Seite existierenden Warenwirtschafts- bzw. ERP-Systeme und ggf. im Einsatz befindliche Compliance-Software über entsprechende Schnittstellen versorgen kann. Diese Standardisierung ist das entscheidende Kriterium, damit die kostenintensive „individuelle“ Bereitstellung aller Daten auf unterschiedlichen IT-Lösungen/-Plattformen der empfangenden Unternehmen entfallen kann.
Mit der konzipierten Lösung ist unsere Branche auf dem richtigen Weg mit überschaubaren Kosten. Externe Softwarelösungen, wie sie derzeit breit im Markt angeboten werden, sind für diese Übertragung nicht zwingend erforderlich. Im Arbeitskreis EDI des DCC wurde das vorgeschlagene Lösungskonzept Anfang Oktober grundsätzlich beschlossen. Im Mittelpunkt der tiefergehenden Diskussion standen vor allem der Austausch und die unmittelbare datentechnische sowie prozessorganisatorische Umsetzung des Regelwerks.
Überschaubare Anpassungen
Einhelliger Konsens bestand in der Aussage, dass eine effiziente Umsetzung am besten und schnellsten über EDI Daten zu lösen sei. Dazu sind sicher Anpassungen in den Datenformaten erforderlich, deren Aufwand – ganz im Unterschied zu dem bei der zu erwartenden Datenerhebung innerhalb der Lieferketten – jedoch überschaubar sind.
Allerdings verwies unser Arbeitskreis auch auf kritische Punkte: So werde verbreitet mit Lieferscheinen in Papierform gearbeitet, was die Umsetzung über EDI-Daten erschwert. Schließlich will die EU-Kommission das notwendige EU-IS-System – um Sorgfaltserklärungen hochladen zu können – erst kurz vor dem Stichtag zur Verfügung stellen.
Im Ergebnis der jüngsten Arbeitskreissitzung EDI wurden folgende Festlegungen fixiert: Erstens sollen die zu übertragenden Daten digital vorliegen und deren Handling über eine Felderweiterung in EDI realisiert werden. Zweitens müssen Handel und Warenwirtschaft zwingend involviert werden. Drittens sollen Start und erste Tests zur Umsetzung der Datenübermittlung via ORDRSP oder DESADV umgehend erfolgen.
Viertens schließlich müssen den Unternehmen bzw. Akteuren größtmögliche Freiheiten bei der Prozessgestaltung ermöglicht werden.
Der nächste wichtige Moment ist Mitte November, wenn die Empfehlungen über Strukturen bzw. ‚Qualifier‘ seitens der GS1 vorliegen. Auf dieser Grundlage plus den bis dahin in den Unternehmen der Möbelindustrie gesammelten Erfahrungen wurde das nächste Meeting im DCC zu EUDR auf den 26. November vereinbart, wo die branchenweite digitale Umsetzung der Verordnung konzertiert startet. Unabhängig von jedweder Termin- und inhaltlicher Diskussion zur EUDR-Inkraftsetzung, sehen wir unsere Branche auf dieser datentechnischen Grundlage gut aufgestellt und vorbereitet!

Dr. Olaf Plümer
Geschäftsführer
Daten Competence Center e. V.
pluemer@dcc-moebel.org
Dr. Olaf Plümer, geschäftsführender Vorstand des DCC, betreut und organisiert über den in seinem Verband angesiedelten Arbeitskreis EDI die datentechnische Vorbereitung von EUDR in der Prozesskette ‚Möbel‘.

Heiner Strack
Leiter Technik — Umwelt — Normung
Verband der deutschen Möbelindustrie e.V.
h.strack@moebelindustrie.de
Heiner Strack, Leiter Umwelt-Technik-Normung beim VDM, vertritt die Brancheninteressen auf europäischer und nationaler Ebene in den mit EUDR befassten Fach- und Standardisierungsgremien
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