Experten: Quantentechnologie auf dem Vormarsch

„Während derzeit alle Augen auf Kün­stliche Intel­li­genz gerichtet sind, bere­it­et sich mit Quan­ten­com­put­ing schon die näch­ste Tech­nolo­gierev­o­lu­tion vor“, erk­lärt Har­ald A. Sum­ma, Chair­man der Ini­tia­tive Quan­tum Leap des Diplo­mat­ic Coun­cil, ein­er Denk­fab­rik mit Berater­sta­tus bei den Vere­in­ten Natio­nen. „Vor allem für die Betreiber von Rechen­zen­tren, Cloud­ser­vices und Mes­sag­ing­di­en­sten wird es höch­ste Zeit, Quan­ten­tech­nolo­gie zu inte­gri­eren“, ergänzt der Quan­ten­tech­nolo­gie-Experte Matthias Rei­dans von der Fir­ma Rosen­berg­er-OSI (Opti­cal Solu­tions & Infra­struc­ture), die in der Ini­tia­tive mitarbeitet.

Har­ald A. Sum­ma erk­lärt: „Die Quan­ten­tech­nolo­gie kommt zügig aus den Forschungs- und Entwick­lungslabors her­aus und dringt in die Wirtschaft ein. Davon wer­den, ähn­lich wie bei KI, über kurz oder lang alle Branchen betrof­fen sein. In der Kom­bi­na­tion aus KI und Quan­ten­com­put­ing ergeben sich heute noch schw­er vorstell­bare Leis­tungss­chübe, deren Auswirkun­gen sich teil­weise nur erah­nen lassen.“

Die Quan­ten­tech­nolo­gie arbeit­et mit Ladungsmustern von Ionen oder Pho­to­nen, die simul­tan Zus­tand­sän­derun­gen „abar­beit­en“ kön­nen im Sinne ein­er Pro­gram­mierung. Mikrow­ellen oder Laser wer­den ver­wen­det, um damit soge­nan­nte „Qubits“ als kle­in­ste Infor­ma­tion­sein­heit­en zu kodieren. Dieses Funk­tion­sprinzip ermöglicht es Quan­ten­com­put­ern, sehr viele Berech­nun­gen gle­ichzeit­ig durchzuführen, was zu ein­er expo­nen­tiellen Beschle­u­ni­gung der Rechen­leis­tung weit jen­seits des Leis­tungsniveaus herkömm­lich­er Com­put­er führt.

Quantenresistente Datenverschlüsselung dringend notwendig

Kurzfristig am stärk­sten betrof­fen von der Quan­ten­tech­nolo­gie ist nach Angaben der Ini­tia­tive die Daten­ver­schlüs­selung quer durch alle Branchen. Die Begrün­dung: Quan­ten­com­put­er sind in der Lage, herkömm­liche Ver­schlüs­selun­gen bin­nen kürzester Zeit zu knack­en. Damit lägen die Datenbestände von Unternehmen und staatlichen Organ­i­sa­tio­nen auf einen Schlag offen für Cyberkrim­inelle und Geheim­di­en­ste. „Schon heute erbeuten Cyber­ban­den im Netz riesige ver­schlüs­selte Datenbestände in der Erwartung, diese in weni­gen Jahren oder gar Monat­en entschlüs­seln zu kön­nen“, weiß Quan­ten­tech­nolo­gie-Fach­mann Matthias Reidans. 

„Jedes Data Cen­ter ist gut berat­en, seinen Kun­den so rasch wie möglich eine quan­ten­re­sistente Ver­schlüs­selung anzu­bi­eten“, erk­lärt Har­ald A. Sum­ma. Davon betrof­fen ist nach seinen Angaben auch die Datenüber­tra­gung etwa bei Mes­sag­ing­di­en­sten. Er gibt zu bedenken, dass Apple bere­its eine soge­nan­nte Post-Quan­tum-Ver­schlüs­selung für seinen iMes­sage-Ser­vice her­vorge­bracht hat. Der Quan­tum Leap-Chef ver­weist auf die Möglichkeit zur pho­to­nen­basierten Schlüs­seld­is­tri­b­u­tion über Satel­lit: „Es wäre vorstell­bar, dass kün­ftig über Satel­liten Mil­liar­den von Schlüs­seln verteilt wer­den, um die Sicher­heit der Quan­ten­welt zu gewährleis­ten.“ In den näch­sten Jahren wür­den Hun­derte von Satel­liten ihren Orbit erre­ichen, die mit Mod­ulen zur Pho­to­nen-über­tra­gung aus­ges­tat­tet seien. 

Quantum as a Service

Eben­falls zügig auf die neue Her­aus­forderung reagieren, soll­ten die Betreiber von Rechen­zen­tren (Data Cen­tern) und Cloud­di­en­sten, mah­nt Har­ald A. Sum­ma. Er begrün­det: „Rechen­zen­tren wer­den die Heimat des Quan­ten­com­put­ing sein. Denn im ersten Schritt wer­den nicht über­all Quan­ten­com­put­er instal­liert wer­den, son­dern das Gros der Quan­ten­leis­tung wird aus der Cloud, also Data Cen­tern, bezo­gen wer­den.“ Matthias Rei­dans ergänzt: „Es geht darum, Hochleis­tungsrechen­zen­tren mit Quan­ten­com­put­er­mod­ulen aufzurüsten.“

Har­ald A. Sum­ma skizziert die Zukun­ft: „Quan­ten­com­put­er wer­den qua­si als Tur­bo­lad­er für beste­hende hochleis­tungs­fähige com­put­er-spez­i­fis­che Anwen­dun­gen skalieren und ins­beson­dere in der gen­er­a­tiv­en KI weit­ere Inno­va­tion­skräfte ent­fal­ten. Als Quan­tum as a Ser­vice wer­den sie in der Cloud einem bre­it­en Anwen­der­spek­trum zur Ver­fü­gung stehen.“

Die neue Ini­tia­tive Quan­tum Leap im Diplo­mat­ic Coun­cil bietet daher den Betreibern von Data Cen­tern die Möglichkeit, sich in einem vor­wet­tbe­werblichen Kreis darüber auszu­tauschen, welche Schritte sin­nvoll sind, um sich auf Quan­ten­tech­nolo­gie vorzu­bere­it­en, ord­net der Chair­man Har­ald A. Sum­ma das Vor­preschen der Denk­fab­rik ein.

Ab 1.000 Qubits sind Quantencomputer nützlich

Wie rasch dieser Inno­va­tion­szyk­lus an Rel­e­vanz gewin­nen wird, ist derzeit schw­er abschätzbar, heißt es bei Quan­tum Leap. Nach Ein­schätzung von Matthias Rei­dans ste­ht dieser Zeit­punkt unmit­tel­bar bevor. Er ver­weist auf Entwick­lun­gen etwa bei europäis­chen Her­stellern wie IQM, AQT und ele­qtron, die leis­tungssta­bile Quan­ten­com­put­er zum Teil heute schon zu erschwinglichen Preisen liefern kön­nen und auf weit­ere tech­nol­o­gis­che Durch­brüche in den USA, Chi­na und Kana­da. „Quan­ten­com­put­er erre­ichen ihr entschei­den­des Leis­tungsstärken­niveau ab etwa 1.000 funk­tions­fähi­gen, das heißt logis­chen und steuer­baren, Qubits“, sagt der Rosen­berg­er-OSI-Fach­mann. Er fügt hinzu: „Die ersten der­ar­ti­gen Geräte sind bere­its in diesem oder im näch­sten Jahr zu erwarten.“

Dem Vorurteil, Quan­ten­com­put­er benötigten für den Betrieb grund­sät­zlich Umge­bun­gen mit extremer Kälte, wider­spricht der Experte vehe­ment. Er sagt: „Es gibt bere­its Quan­ten­com­put­er zu kaufen, die bei Raumtem­per­atur arbeit­en. Man kann sie in gewöhn­lichen Rechen­zen­tren im dort üblichen 19-Zoll-For­mat in Betrieb nehmen.“ Matthias Rei­dans ver­weist beispiel­haft auf die Fir­men Alpine Quan­tum Tech­nolo­gies (AQT) aus Inns­bruck und das deutsch-öster­re­ichis­che Start­up Quan­tum Bril­lance, die bei­de den Ansatz ver­fol­gen, inte­gra­tions-unkom­plizierte Imple­men­tierun­gen zu ermöglichen. Zudem sind dies­bezügliche Stan­dar­d­isierungs­be­stre­bun­gen weltweit im Gange, weiß der Quantentechnologie-Experte.

Quantensensorik in der Medizin

Har­ald A. Sum­ma ist es wichtig zu beto­nen, dass Quan­ten­tech­nolo­gie viel mehr bedeutet als „nur“ mit Quan­ten­com­put­ern umzuge­hen. So ermögliche diese Tech­nolo­gie auch in der Sen­sorik einen Quan­ten­sprung im wahrsten Sinne des Wortes. Beispiel­sweise kön­nten die heute üblichen Ver­fahren der Com­put­er­to­mo­gra­phie (CT) und der Mag­ne­tres­o­nanz­to­mo­gra­phie (MRT), um in den men­schlichen Kör­p­er hinein­se­hen zu kön­nen, kün­ftig durch quan­tensen­sorische Ver­fahren abgelöst wer­den, die eine um ein Vielfach­es bessere und damit aus­sagekräftigere Darstel­lung ermöglichten.

Das Diplo­mat­ic Coun­cil (DC) vere­int einen glob­alen Think Tank, ein weltweites Busi­ness-Net­zw­erk und eine Char­i­ty Foun­da­tion in ein­er einzi­gar­ti­gen Nicht-Regierungs-Organ­i­sa­tion (NGO). Die Vere­in­ten Natio­nen (UNO) haben das Diplo­mat­ic Coun­cil mit dem höch­sten für eine NGO erre­ich­baren Sta­tus – den UN Con­sul­ta­tive Sta­tus – in ihren eng­sten Beraterkreis aufgenom­men. Das Diplo­mat­ic Coun­cil gehört in diesem Kreis zu den weni­gen Organ­i­sa­tio­nen, die sich nicht nur vornehm­lich um soziale Belange, son­dern vor allem um Wirtschaft, Wis­senschaft und Tech­nolo­gie als Grund­lage für Wohl­stand und Frieden ein­set­zen. Unter dem Namen Quan­tum Leap mit Har­ald A. Sum­ma als Chair­man hat das Diplo­mat­ic Coun­cil eine Ini­tia­tive ges­tartet, um die Basis für eine Quan­tenökonomie – ver­gle­ich­bar mit dem Ecosys­tem des Inter­net – zu schaf­fen. Eben­so wie das Inter­net keine Branche unberührt gelassen hat, wer­den auch die Auswirkun­gen der Quan­ten­tech­nolo­gien über­all in der Wirtschaft zu spüren sein. Dabei geht es nicht darum, dass sich jede Fir­ma einen Quan­ten­com­put­er zulegt, son­dern die enorme Rechen­leistung und darauf basierende Anwen­dun­gen wer­den über Clouds zur Ver­fü­gung gestellt wer­den. Diese kün­ftige Computer­generation wird alle Branchen tief­greifend verän­dern. Das Diplo­mat­ic Coun­cil wird seinen Glob­al Reach über die Vere­in­ten Natio­nen nutzen, um maßge­blich an dieser Entwick­lung mitzuar­beit­en. Ziel der Ini­tia­tive ist der Auf­bau eines Ökosys­tems für Quan­ten­tech­nolo­gie, um über die derzeit­ige tech­nisch-wis­senschaftliche Forschung und Entwick­lung hin­aus einem bre­it­en Spek­trum kom­merzieller Akteure die Mitwirkung an diesem kün­fti­gen Mil­liar­den­markt zu ermöglichen.

Weit­ere Infor­ma­tio­nen: www.diplomatic-council.org/quantumleap